HERMES 2022 – Klassische- und Agile Vorgehensweise, eine gute Symbiose?
In meinem ersten Blog-Artikel (HERMES 2022 – Was steckt alles dahinter?) habe ich bereits auf wichtige Änderungen in HERMES 2022 hingewiesen.
Im zweiten Blog-Artikel (HERMES 2022 – Warum soll ich HERMES 2022 verwenden?) wurde kritisch der Einsatz der neuen, überarbeiteten Methode hinterfragt.
Eine der auffälligsten Änderungen in der neuen Ausgabe ist die Symbiose der klassischen und der agilen Projektmanagementmethode. Es gibt heute kaum ein grösseres Projekt, welches nicht agile Ansätze für gewisse Teile anwendet. Für mich ist die hybride Form des Projektmanagements seit längerer Zeit Realität!
Das neue Phasenmodell: gibt es nun klare Unterscheidungen zwischen klassischer und agiler Vorgehensweise?
HERMES 2022 hat die beiden Vorgehensweisen in ein Phasenmodell integriert. Eingebettet in die Initialisierungs- und Abschlussphase befindet sich neu die sogenannte «Lösungsentstehung». In den Grundzügen hat sich die klassische Vorgehensweise zur Version 5.1. nicht verändert. Hermes spricht in der agilen Vorgehensweise in der Lösungsentstehung von der sogenannten «Umsetzung». Im nachstehenden Abschnitt werde ich diese Phase näher beleuchten. Grundsätzlich müssen die minimal geforderten Dokumente, analog der klassischen Vorgehensweise, erstellt werden, jedoch iterativ-inkrementell statt sequenziell.
Zu beachten ist bei der neuen Phase «Abschluss», dass diese stets «klassisch» abgewickelt wird. Hier werden die erarbeiteten Dokumente final überprüft und freigegeben. Schlussendlich können die freigegebenen Dokumente der Stammorganisation übergeben werden. Je nach gewähltem Szenario werden ebenfalls Altsysteme «ausser Betrieb» genommen sowie schlussendlich die Projektorganisation aufgelöst. Am Ende ist die Erstellung und Genehmigung der Projektschlussbeurteilung notwendig.
Projektmanagement und Entwicklungsmanagement, hybrides Projektmanagement und hybrides Entwicklungsmanagement – wie bitte?!
Neu kommen in HERMES 2022 die beiden Begriffe «hybrides Projektmanagement und hybrides Entwicklungsmanagement» vor. Folgende Definition dazu aus HERMES 2022:
- Das klassische Projektmanagement unterstützt das klassische Entwicklungsmanagement.
- Das hybride Projektmanagement unterstützt das agile und hybride Entwicklungsmanagement. Es ist eine Kombination von klassischem Projektmanagement und agilem Entwicklungsvorgehen.
Die nachstehende Darstellung hilft bei der Einordnung der beiden Begriffe:
Agile Entwicklungsmethoden gehören nicht zu den Projektmanagementmethoden, sondern zu Entwicklungsmanagementmethoden. Weil Projekte unter HERMES von Anfang an gewisse Rahmenbedingungen erfüllen müssen, wie z. B. die Einhaltung der Governance und die reibungslose Einbettung des Vorhabens in die bestehenden Planungs- und Controlling Prozesse der Stammorganisation, erfüllt eine reine agile Entwicklung diese an HERMES gestellten Anforderungen nicht. Deshalb werden die agilen Methoden in ein dafür geeignetes hybrides Projektmanagement eingebettet.
Wie eingangs erwähnt, können beispielsweise Projekte zuerst klassisch gestartet werden. Je nach gewähltem Szenario (abhängig von der Projektcharakteristik) erfolgt die Realisierung mit einem ausgewählten Lieferanten (aus der Beschaffung) mit einer agilen Vorgehensweise. Hier bietet Hermes 2022 Lösungen in Form möglicher «Hybriden Varianten» das sogenannte «Entwicklungsmanagement hybrid» an.
Die untenstehende Darstellung zeigt zwei mögliche «Hybride Varianten» auf:
Hybride Variante 1: Die agile Vorgehensweise findet in der «Realisierungsphase» statt
Hybride Variante 2: In der «Umsetzung» werden zuerst mit der agilen Vorgehensweise die Konzepte und die Realisierung durchgeführt, während die Einführung nach klassischer Art und Weise stattfindet
Umsetzung agil – wie funktioniert dies?
Legen wir nun den Fokus auf die «Umsetzung agil» – was muss ich mir darunter vorstellen?
Die in der Phase Initialisierung gewählte Variante wird iterativ-inkrementell umgesetzt. Die Projektorganisation wird inklusive Entwicklungsteam etabliert. Die Lösungsanforderungen werden weiter aufgeteilt, verfeinert und konkretisiert. Die Anforderungen werden aktualisiert und priorisiert und nach absteigender Priorität abgearbeitet (entwickelt, realisiert und in Betrieb genommen), wobei die Prioritäten kontinuierlich aktualisiert und den Projekterkenntnissen entsprechend angepasst werden.
Die Umsetzung agil wird in Releases aufgeteilt (Release 1, Release 2, …Release n). Optional können Releasefreigaben beantragt werden. Jeder Release wird mit einem Releasebericht abgeschlossen. Dieser fasst die Ergebnisse und Entscheide des aktuellen Release zusammen und zeigt eine Übersicht über den noch zu leistenden Aufwand im Projekt.
Bei agiler Lösungsentstehung wird der Terminplan für die Phase Umsetzung mit dem (agilen) Releaseplan kombiniert. Dieser Releaseplan gibt den Umfang der Releases an und wann der Betrieb pro Release aktiviert wird. Ferner wird festgehalten, ob der (optionale) «Entscheid Releasefreigabe treffen» im Projekt vorgeschrieben ist oder nicht. Ausarbeitung und Beschrieb erfolgen im Projektmanagementplan.
Wie ist die Rolle «Anwendervertreter» neu definiert– für was ist diese verantwortlich, wofür steht diese neu?
Eine wichtige Änderung hat das Rollenmodell in HERMES 2022 mit einer agilen Projektorganisation erfahren, welche während der Phase «Umsetzung» zum Einsatz kommt.
Wie bereits erwähnt, bleibt die Projektorganisation bei HERMES 2022 weiterhin in den beiden Phasen «Initialisierung» und «Abschluss» klassisch. Nichtsdestotrotz ist es dem Projektteam überlassen, ebenfalls in diesen beiden Phasen und bei geeigneten Aufgaben gleichwohl agile Techniken/Methoden einzusetzen.
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Aus obiger Darstellung lässt sich herleiten, dass weiterhin unabhängig der gewählten Vorgehensweise die Gesamtverantwortung für das Vorhaben und das Erreichen der Ziele bei der Rolle «Auftraggeber» liegt. Ebenso hat der Projektleiter wie in HERMES 5.1 die alleinige Führungsverantwortung. Bei «agiler Vorgehensweise» in der Phase «Umsetzung» darf er jedoch nicht in die Selbstorganisation des Entwicklungsteams eingreifen.
Neu ist in HERMES 2022 die Rolle «Anwendervertreter» im Organigramm prominent positioniert. Diese Rolle hat neu die fachliche Produkteverantwortung inne, sei es bei der klassischen- wie auch agilen Vorgehensweise. Speziell bei der «agilen Vorgehensweise» agiert sie als Schnittstelle zum Entwicklungsteam und steuert dieses über die Lösungsanforderungen. Hier lässt sich die Rolle „Anwendervertreter“ mit der Rolle „Product Owner“ (kurz PO) des Scrum-Frameworks vergleichen.
Unschwer ist erkennbar, dass dadurch die Anforderungen an die Rolle «Anwendervertreter» stark gestiegen sind. Auf diese anspruchsvolle Rolle und die Anwendung von HERMES 2022 bereiten wir dich gerne vor.
Möchtest du mehr erfahren? Gerne zeigen wir dir in einem «Public» oder im eigenen Firmenseminar auf, was sich alles ändert mit HERMES 2022 – buche jetzt den HERMES 2022 Foundation oder den HERMES 2022 Advanced Kurs.
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